Sterne und Polarlichter und LEDs

Es ist noch etwas Licht, als wir direkt von UNIS auf die andere Seite des Adventdalen fahren, gegenüber liegt Longyearbyen. Über dem Fjord steigt Dampf vom Meer auf.

Die Luft in Bodennähe (dort, wo wir stehen) ist -20°C kalt, zum Glück geht kein Lüftchen. Der mini Talon hat schon in 50m angenehmere -12°C. Das war hier im Tal schon häufig so: wir frieren und das Flugzeug vergnügt sich in der wärmeren Luft darüber.

Der Himmel ist großartig, übervoll von Sternen. Die LEDs des mini Talons markieren seine Bahn. Hin und wieder zieht sich ein Hauch von einem Polarlicht über den Himmel. Über den Konturen der südlich gelegenen Bergen sieht man in der Entfernung ein leichtes Hellgrün. Auf Spitzbergen sind wir heute für starke Polarlichter zu weit nördlich.

Zum ersten Mal ist mir richtig kalt. Unbeweglich rumstehen ist auch bei guter Ausrüstung irgendwann unangenehm. Der mini talon fliegt Profile über Tal und Fjord.

Nach zwei Flügen wärmen wir uns in der alten Polarlichtstation, danach geht es zu einem Profil bis auf 1000m und übereinanderliegenden Geraden bis auf 650m wieder hinaus.

Fliegen im Tageslicht

Geändertes Programm heute: Der Flughafen ist am Abend in Betrieb und wir dürfen morgens fliegen.

Die Sonne kommt noch nicht über die Berge, aber das wenige Licht wird durch den Schnee so reflektiert, dass es wunderbar hell ist. Am Horizont entstehen bunte Farben. Zusammen mit den Studenten schreiben wir einen Flugplan, um von der alten Polarlichtstation verschiedene Profile bis weit ins Tal zu fliegen. Es sind -15°C, aber am Boden fast kein Wind.

Nach oben wird die Luft wärmer und es gibt eine Schicht mit stärkerem Wind. Der mini Talon fliegt auf verschieden Höhen auf einer Linie und quer dazu durchs Tal.

Eine andere Gruppe Studenten fährt die Strecke gleichzeitig mit Sensoren auf Schneescootern ab.

Ein super Tag zum Fliegen.

So kalt der Wind

Am Nachmittag geht es raus zur alten Polarlichtstation, um ein neues Flugzeug zu testen: den mini Talon. Es flog zum Test schon in Finnland, soll sich jetzt im starken Wind beweisen. Es kann schneller fliegen (40m/s), hat mehr Nutzlast und ist effizienter als der SUMO. Für einen Flug auf konstanter Höhe braucht es etwa 50% weniger Leistung. Dafür ist es wesentlich schwieriger einzustellen und zu fliegen. Hauptanwendung ist der Flug bei hohen Windgeschwindigkeiten und zum Betrieb von Turbulenzsensoren, die bei höheren Geschwindigkeiten genauer arbeiten.

Ein Vorteil des SUMO wiederum ist es, auch bei Wind bis 15m/s betrieben werden zu können und dennoch ohne fundierte Modellbaukentnisse auszukommen. Im „Auto1“ Modus hält der Autopilot das Flugzeug in einer über die Fernsteuerung vorgegebenen Lage. Überschüssige Höhe kann in diesem assistierenden Modus einfach durch „ziehen“ abgebaut werden. Mit dem mini Talon klappt das nicht, der muss aktiv geflogen werden.

Im Gegensatz zu gestern stürmt es kräftig mit bis zu 13m/s. In größeren Höhen ist die Windgeschwindigkeit geringer. Am Strand suchen wir im Windschatten des Bandvagn etwas Schutz. Der Flieger kommt mit den turbulenten Böen in 40m Höhe erst klar, nachdem wir die Regelstufen des Autopiloten etwas zurückgenommen haben. Geflogen werden Profile an verschiedenen Stellen im Taleingang.

Kalte klare Luft

Nachts verschwindet das Wolkenband. Vereisung am Flieger ist nicht mehr zu erwarten. Wir fahren nachmittags zur alten Polarlichtstation und fliegen ein 500m und 1500m Profil als Test. Mit dem Bandvagn geht es zum „Strand“ am Adventfjorden.

Wir fliegen ähnlich wie im Februar 2016 mehrere Profile vom Fjord her zum Land, um die Atmosphäre an verschiedenen Stellen im Tal zu vermessen.

Als Bodenstation benutzen wir Panasonic Toughbooks, meist den CF-19. Das Gerät sorgt sich sehr um seine Komponenten. Es lädt keine zu kalten Akkus und heizt die Festplatte vor einem Boot zunächst mit einer eingebauten Heizfolie. Mit den SSDs wäre das nicht mehr unbedingt nötig – ist aber nicht abschaltbar.

Die LithiumPolymer Akkus werden mit einem Campingkühler/heizer auf etwa 40°C vorgewärmt. Im SUMO sorgt der Rumpf aus EPP (ein weiches Styropor) für die thermische Isolierung. Während des Flugs heizt sich der Akku über den durch ihn fließendenden Strom ausreichend.
Beim bebop2met ist die Luft im Inneren des Akkugehäuses ausreichend isolierend. Zusätzlich heizt der Prozessor direkt unter dem Akku.

Für die feinfühlige Fernsteuerung der manuellen Starts und Landungen haben wir dünne Wollunterhandschuhe, darüber Fleecehandschuhe mit abklappbaren Fingerkuppen. Schneescooteranzüge helfen gegen den Wind.

Wichtig ist draußen auch Schokolade, zu besonderen Anlässen und passend zum Wetter Kalter Hund.

Oh No!

Die Flieger werden vormittags durchgecheckt und repariert. Ein Motor hatte sich während der letzten Messkapagne mit der Polarstern komisch verhalten und wird getauscht. Am Nachmittag geht es mit dem schwedischen „Bandvagn“ Kettenfahrzeug hinaus zur alten Aurorastation.

Was für ein großartiges Gerät, man kommt tatsächlich überall damit durch. Dafür ist es höllenlaut und bewegt sich nur gemächlich. Der Motor ist vorne zwischen den Sitzen montiert und lässt alles vibrieren.

Das Gerät braucht viel Liebe, wir prüfen sorgfältig den Ölstand des Daimler-Motors vor der Abfahrt.

An der Aurorastation dann der Schock: Die Werkstatt ist weg. An deren Stelle ist nun ein mit Filz abgedunkelter Raum, in dem Touristen Filme von Polarlichtern bestaunen können. Die schöne Werkstatt, in der wir so viele Nächte auf Bildschirme gestarrt haben, einfach weg.

Wir weichen in die Küche aus und machen die SUMOs flugfertig. Es schneit leicht. Erstaunlicherweise vereisen Propeller und Flügelvorderkante auf 400m. Auf Spitzbergen ist es sehr trocken und Vereisung gab es nur einmal in all den Jahren, auch wenn wir in Wolken geflogen sind. Das Eis ist rauer und nicht so klar wie bei den Flügen in Finnland.

Der Fesselballon wird aufgebaut und geht auf Höhe. Das Profil ist wie erwartet recht unspektakulär. Auf dem Heimweg ist über den Bergen hinter Longyearbyen ein Hauch von Polarlicht zu sehen.

Spannende Landung

Alles wie immer, zurück auf Svalbard. Der Wind kam aus Südwest, daher sind wir über den wolkenfreien Osten der Hauptinsel angeflogen. Eine großartige Sicht auf das Meer und die Gletscher. Im Endanflug durchs Adventalen hat es dann kräftig geschüttelt und die Sicht war durch Wolken und Schnee dramatisch schlechter.

Das Wetter sorgte auch für Verzögerungen im Aufbau der Messmasten. Morgen soll es losgehen.

Mir war noch nicht aufgefallen, dass es Flughäfen mit Fußbodenheizung gibt.

Mehr Norden

Für uns ist die Messkampagne hier in Finnland leider zu Ende. Es geht Richtung Süden nach Helsinki, genau westlich nach Oslo und morgen früh wieder nach Norden zur nächsten Kampagne auf Spitzbergen. Theoretisch hätte man sehr viel schneller direkt von Oulu nach Longyearbyen fliegen können.

Die ISOBAR2018 Kampagne in Hailuoto geht noch bis Ende Februar weiter, schaut dazu beim Blog des GFI vorbei.

Die Eisstraße ist noch immer offiziell geschlossen.

Mutter Erde

Der SUMO nutzt zur Lagebestimmung und Orientierung einen Beschleunigungssensor, einen Drehratensensor und einen GPS Empfänger. Diese sind von äußeren Einflüssen weitgehend unabhängig.
Ein Drucksensor für die Höhenbestimmung, ein Staudruckrohr für die Geschwindigkeit relativ zur Luft oder ein Magnetkompass für die Bestimmung der Orientierung zur Erde wird nicht genutzt.

Höhe, Geschwindigkeit (nur gegenüber der Erdoberfläche) und Richtung wird einzig dem GPS entnommen. Das funktioniert so lange, wie sich der SUMO nach vorne bewegt, damit das GPS eine korrekte Richtung messen kann.

Für einen Quadcopter funktioniert das nicht. Er braucht eine Richtungsinformation auch wenn er steht (was er die meiste Zeit tut). Daher ist ein Magnetkompass eingebaut. Unser bebop2met basiert auf dem Parrot Bebop2 und dort ist dieser leider sehr nahe der restlichen Elektronik verbaut und liefert daher nur unpräzise Informationen. Ein weiteres Problem ist offenbar die weite Streuung der einzelnen Sensoren in den verschiedenen Quadcoptern. Zudem sind wir auf über 65° Nord und die x-y Komponente des Erdmagnetvektors ist sehr klein.

Am Ende verbringen wir weite Teile des Tages damit, die für die Kampagne neu gekauften Quadcopter magnetisch zu kalibrieren, indem der Quadcopter in einer tanzartigen Performance in verschiedenen Winkeln zur Erde gehalten und gedreht wird.

Die Vorhersage hat sich leider bewahrheitet und das Wetter war die ganze Woche unpassend für unsere Messungen. Der SUMO fliegt Profile zum Sammeln von Vergleichswerten. In einer Wolke bei 1000m kommt es wieder zur Vereisungen. Das Flugzeug kehrt um und landet sicher.

Die Messungen finden mit mehreren Systemen parallel statt. Für die unteren 10m ist der Mast aufgebaut, darüber misst von 2m bis 200m der bebop2met, von 40m bis 1800m der SUMO und parallel dazu das SODAR. Bei hoher Windgeschwindigkeit oder Luftfeuchtigkeit reicht der akkustische Puls allerdings nicht so hoch und die messbare Höhe nimmt deutlich ab.

Etwas beunruhigend ist auf dem Eis am Rand auftauchendes Wasser, welches zu Slush-Eis führt. Die Einheimischen erklären uns, dass der Südwind das Seewasser gegen das Land drückt und das Wasser so nach oben gedrückt wird. Unkritisch.

Die Örtlichkeit

Untergebracht sind wir in kleinen Ferienhäusern (Hailuodon Majakkapiha) am westlichen Rand von Hailuoto.

Daten von OpenStreetMap

Im kleinen Restaurant werden wir 3x am Tag verpflegt. Es gibt ein ausführliches Frühstück und zwei warme Malzeiten. Bei der Kälte verbrennt man das problemlos. Die Logistik und der Betrieb ist super-effizient, die Wege sind kurz.

Im Hafen haben wir ein Haus, von dem wir den SUMO aus fliegen und an der Technik arbeiten können.

Der bebop2met Quadcopter wird wegen der eingeschränkten Flugzeit direkt vom Eis aus betrieben.

Danger Area

Für die Flüge außerhalb der Sichtweite wurde die Danger Area EFD451 eingerichtet. Damit können wir in einem etwa 4km x 4km großen Bereich bis zu 6500 Fuß hoch fliegen.

Die Messdaten des SUMO Fliegers können während des Fluges auf einem zweiten Laptop analysiert werden.

Geflogen wird in einer Korkenzieher-Spirale nach oben, dort wird ein kompletter Kreis geflogen und es geht in der gleichen Spirale (ohne Antrieb) wieder hinunter. Das SODAR funktioniert bis etwa 650m und die Messwerte können verglichen werden.